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Die Freiwillige Feuerwehr Wüstenselbitz im Laufe der Zeit

Als noch der Märchenkönig Ludwig II. regierte, kamen nahezu 40 Wüstenselbitzer Bürger zusammen und gründeten am 1. Juni 1869 die Freiwillige Feuerwehr Wüstenselbitz. Zu dieser Zeit musste man dem „Roten Hahn” noch mit primitiven Gerätschaf­ten zu Leibe rücken. Mit Handdruckspritzen und Feuerhaken wurde das Feuer bekämpft, und das Wasser wurde mit Segeltuch-Löscheimern aus dem Dorfteich geschöpft.

Schon bald mussten die Kameraden der einheimischen Wehr bei ihrem größten Ernstfall ihren Mann stehen: Am 8. September 1871 wütete eine heftige Feuersbrunst in Wüstenselbitz, bei der 16 Wohnhäuser und zahl­reiche Nebengebäude ein Raub der Flammen wurden.

Im Jahre 1904 zählte die Wehr 86 Aktive. Damals gab es Motorpumpen nur bei den großen städtischen Feuerwehren. Die Wüstenselbitzer mussten ihre Handdruckspritze noch mit Muskelkraft bedienen. Für dieses anstrengende Unterfangen waren immerhin acht Mann nötig. Für den Transport der Druckspritze brauchte man Pferde, die jedoch auch nicht immer sofort bereitstanden. So kam es, dass die wackeren Kamera­den die Spritze oft auch selbst bewegen mussten.

Im Jahre 1905 übergab die Wehr der Gemeinde einen „Fragebogen über Feuerwehrlöschwesen”. Demnach teilte die Wehr damals folgendes mit (auszugsweise):

MANNSCHAFTSZAHL:

Vorstand, Kommandant, Adjutant und Chargen

12 Mann

Steiger

10 Mann

Spritzenmänner

50 Mann

Ordnungsmänner

10 Mann

Signalisten

2 Mann

Sanitätsmänner

2 Mann

AUSRÜSTUNG:

Steigerhelme aus Messing

10

Mannschaftshelme aus Messing

4

Mannschaftshelme aus Leder

72

Steigergurte mit Haken

10

Mannschaftsgurte ohne Haken

8

Steigerleinen

10

Schlauchhalter

2

Signalhörner

3

Chargistenjuppen

8

Chargistenpfeifen

2

Gurtbeile

18

Mannschaftslaternen

18

Druckspritze vierrädrig

1

Druckspritze zweirädrig

1

Schlauchhaspel auf Rädern

1

Schubleiter

1

Anstell-Leiter mit Stützen

1

Anstell-Leiter ohne Stütze

4

Dachleitern

2

Hängeleitern

1

Feuerhaken

4

Sanitätstaschen

2

Beleuchtungsgegenstände

2

Wassereimer aus Blech

11

Schlauchbrücke

1

Haken in der großen Spritze

1

Nichtgummierte Schläuche mit Gewinde

120 m

1 Feuerwehrhaus

 

1 Leiternhaus

 

ALARMIERUNG: durch Glockenschlag und Hornsignale

WASSERVERHÄLTNISSE: 3 Weiher im Ort und 1 Bach mit 3 Stauvorrichtungen

WACHEN: Nachtwachen stellt die freiwillige Feuerwehr nur unmittelbar nach einem Brand und wenn nötig, gegen Flurdiebe und umherziehende Banden.

Wie man sieht, waren die Feuerwehren auch damals schon nicht nur ausschließlich bei Bränden im Einsatz; bei Bedarf schützten sie die Einwohner ihres Ortes auch vor Diebesgesindel.

Nach dem 1. Weltkrieg, in dem 20 Kameraden der Wehr gefallen waren, belief sich der Mitgliederstand auf 90 Aktive, mit denen der Übungsbetrieb wieder aufgenommen wurde. So beschloss der Verwaltungsrat im September 1919 einstimmig, „eine Nachtübung mit darauffolgendem Tänzchen abzuhalten".

In den Jahren 1925 bis 1936 wurde eine „Ortsfeuerwehr-Sterbeunterhaltungskasse" unterhalten. Der Beitrag belief sich auf 50 Pfennige pro Mitglied bzw. Sterbefall.

Die Ausbildung und Ausrüstung der Wehrmänner wurde in den dreißiger Jahren verbessert. Im Jahre 1937 wurde die Gemeinde-Feuerwehr ins Leben gerufen, zu der unter der Obhut der Wüstenselbitzer Wehr die Löschgruppen aus Burkersreuth und Ottengrün gehörten. Der Mitgliederstand gliederte sich 1938 wie folgt auf:

Wüstenselbitz: 65 Aktive (davon 7 bei der Wehrmacht), 62 Passive

Burkersreuth: 27 Aktive

Ottengrün: 28 Aktive

Im September 1939 wurde die Führung der Wehr infolge des Kriegsausbruches der Altersfeuerwehr Wüstenselbitz unter Führung von Christian Bayer und dessen Stellvertreter Hans Weber übertragen, die größtenteils auf Aktive unter 18 Jahren zurückgreifen mussten.

Inmitten der Wirren des 2. Weltkrieges hielt dann der technische Fortschritt Einzug bei der Wehr, denn sie bekam ihre erste Motorspritze, Fabrikat Rosenbauer, Baujahr 1943, die lange Jahre gute Dienste leisten sollte.

Nach dem Krieg, der die Wüstenselbitzer Mannschaft arg dezimierte, ging es mit der Wehr wieder bergauf. Im April 1948 konnte durch das schnelle Eingreifen der Wüstenselbitzer Wehr bei einem Dachstuhlbrand un­ter Mithilfe einiger Nachbarwehren der Schaden gering gehalten werden. Im April 1950 wurde „aufgrund der Missstände bei der letzten Übung" eine außerordentliche  Versammlung einberufen. Kommandant Hans Kalbskopf sprach dort den „Missstand" an, der eigentlich keiner war: Er bemängelte, dass bei den letzten Übungen zu viele Wehrmänner anwesend waren! Daraufhin wurde die Wehr in zwei Löschgruppen eingeteilt.

Im Jahre 1952 stellte die Gemeinde einen Geräteraum im Anwesen Burkel zur Verfügung. Nun hatte die Wehr endlich ein angemessenes Domizil für ihre Gerätschaften erhalten. Im darauffolgenden Jahr wurde dann auch noch ein Schlauchtrockenturm errichtet.

Einer der größten Meilensteine in der Geschichte der Wehr war die Anschaffung eines Tragkraftspritzenfahr­zeuges auf Ford-Fahrgestell, das im Sommer 1961 dem damaligen Kommandanten und Vorsitzenden Erwin Eckardt durch die Gemeinde Wüstenselbitz übergeben wurde. Der Anschaffung vorausgegangen war ein De­fekt der Rosenbauer-Motorspritze im Jahr 1960, worauf die Gemeinde das neue Fahrzeug einschließlich Tragkraftspritze bestellte.

An einem Sonntag im April 1964 ließ der neue Kommandant Gerhard Göhringer seine Männer durch die Hornisten zur Übung rufen. Bei der Übungsbesprechung lobte er die gute Ausrüstung und Ausbildung der Wehr, bemängelte jedoch die unsichere und nicht mehr zeitgemäße Alarmierung durch Hornisten. Dies war sozusagen der Startschuss zur Anschaffung einer Sirene. Es dauerte jedoch noch bis zum Juli 1967, bis die Wehr endlich die langersehnte Sirene auf dem Schulhaus in Betrieb nehmen konnte.

Im selben Jahr legten erstmals vier Löschgruppen der Wehr das Leistungsabzeichen in Bronze ab.

Trotz der guten Ausbildung und Ausrüstung der Wehr ereigneten sich einige Pannen:

In einem Schreiben an den Gemeinderat teilte die Führung der Wehr mit, dass anlässlich einer Übung zur Brandschutzwoche einige Schläuche der Wehr gerissen seien, was auf schlechtes und veraltetes Schlauchma­terial zurückzuführen sei. Die Großübung konnte damals nur beendet werden, nachdem sich die Wüstenselbitzer einige Schläuche von der Nachbarwehr aus Helmbrechts ausgeliehen hatten.

Wie wichtig die Ausbildung in „Erster Hilfe" ist, zeigte ein Zimmerbrand, bei dem sich einige Feuerwehrleu­te verletzten. Wie der Helmbrechtser Anzeiger berichtete, wurde ein an der Brandstelle anwesender Bürger, der als ausgebildet in „Erster Hilfe" galt, aufgefordert, den Wehrmännern einen Verband anzulegen. Anstatt zu helfen, suchte er das Weite und wahrscheinlich nur, weil er ein weißes Hemd trug und sich nicht schmut­zig machen wollte, berichtete die Zeitung.

Kurz nach dem 100-jährigen Gründungsjubiläum im Jahre 1969 wurde die Löschwasserversorgung im Ort durch den Bau eines Löschwasserbehälters bei der Kirche verbessert.

Im Jahre 1972 wurde die bis dahin eigenständige Gemeinde Wüstenselbitz im Rahmen der Gebietsreform in die Stadt Helmbrechts eingemeindet. Obwohl sich die Wüstenselbitzer Wehr ab diesem Zeitpunkt den Feuer­wehretat mit den anderen Wehren im Stadtgebiet von Helmbrechts teilen musste, wurde seitens der Stadt die Ausrüstung der Wehr laufend verbessert. Im Jahre 1973 wurde ein Löschwasserbehälter in der Parkstraße fer­tiggestellt. Im gleichen Jahr erhielt die Wehr einen Unterrichtsraum im Untergeschoss des Schulhauses.

Eine große Aufwertung erfuhr die Einsatzbereitschaft der Wehr ein Jahr später, denn die Sirene wurde an die Funkalarmierung angeschlossen.

Am 20. Mai 1979 ging ein großer Wunsch in Erfüllung: Bürgermeister Artur Höhn übergab pünktlich zum 110-jährigen Gründungsfest ein neues Gerätehaus. Der Schuppen im ehemaligen Anwesen Burkel, der inzwischen baufällig geworden war, hatte damit ausgedient.

Anfang der achtziger Jahre fand auch die Jugend verstärkt den Weg zur Feuerwehr. Daraufhin wurde 1982 eine Jugendgruppe gegründet, die kontinuierlich aufgebaut wurde und jedes Jahr regen Zulauf fand.

Mit großer Begeisterung nahmen die Jugendlichen regelmäßig am Wissenstest teil und legten das Jugendleistungsabzeichen ab. So verwunderte es nicht, dass vier junge Kameraden den Jugendleistungsmarsch 1987 siegreich beendeten und den Wanderpokal für ein Jahr nach Wüstenselbitz holen konnten. Daraufhin wurde am 16. Juli 1988 auch der 3. Kreisjugendfeuerwehrtag des Landkreises Hof in Wüstenselbitz abgehalten.

Mittlerweile zeigte sich, dass eine Ersatzbeschaffung für das inzwischen doch recht betagte Tragkraftspritzenfahrzeug ins Auge gefasst werden musste.

Im April 1986 konnte Kommandant Bernd Eckardt aus den Händen von Bürgermeister Artur Höhn die Fahrzeugschlüssel für ein nagelneues, modernes Löschfahrzeug LF 8 auf Iveco-Magirus-Fahrgestell ent­gegennehmen. Dieser Tag wurde natürlich entsprechend gefeiert, denn mit der Anschaffung des LF 8 wurde die Ausrüstung perfektioniert und die Einsatzbereitschaft bedeutend erhöht. Natürlich machte die umfangreiche Ausstattung des Löschfahrzeuges eine weitere Ausbildung der Mannschaft erforderlich, so beispielsweise im Hinblick auf die Atemschutzgeräte und die Schaumausrüstung.

Ein Ausflug führte die Kameraden 1987 nach Paris, wo unter anderem die Berufsfeuerwehr der franzö­sischen Metropole besichtigt wurde. Außerdem trat die Wehr dem Museumsverein für das Feuerwehr­museum in Schauenstein bei.

1993 war die Wehr Gründungsmitglied des neugeschaffenen Feuerwehrverbandes. Auch die Ausrü­stung konnte durch die Anschaffung eines Stromaggregates mit den dazugehörigen Flutlichtstrahlern nochmals erweitert werden. Auch ein neues Zuhause erhielt die Wehr im Jahr 1993. Die Stadt Helmbrechts stellte als Ersatz für den mittlerweile viel zu kleinen Gruppenraum ein geräumiges Schul­zimmer im ehemaligen Schulhaus als Unterrichtsraum zur Verfügung.

Das 125-jährige Bestehen der Feuerwehr Wüstenselbitz wurde vom 17. bis 19. Juni 1994 gebührend mit dem Kreisfeuerwehrtag gefeiert.

Im März 1996 standen Wahlen an: Hierbei wurden Norbert Eckardt und Klaus Schramm von den Aktiven zu den neuen Kommandanten gewählt. Der bisherige Vorsitzende Wilhelm Hertrich wurde in seinem Amt bestätigt und Reinhard Wirth als sein Stellvertreter neu gewählt.

Ein weiterer technischer Meilenstein erfolgte im November 1997. Die Wehr schaffte aus eigenen Mitteln zwölf Funkmeldeempfänger an.

Eine interessante Personalie konnte die Feuerwehr im März 1998 verkünden. So wurde der damalige Wüstenselbitzer Pfarrer Fritz Schäfer zum Fachberater „Seelsorge“ im Landkreis Hof ernannt. Beim 13. Jugendleistungsmarsch in Naila wurde eine Jugendgruppe aus Wüstenselbitz zweiter und qualifizierte sich für den Bezirksjugendleistungsmarsch in Michelau.

Im November 1999 wurde am Gerätehaus ein neues Sektionaltor eingebaut.

Im Jahre 2002 wurden von der Stadt Helmbrechts die neuen Schutzanzüge für die Geräteträger angeschafft. Im selben Jahr wurden Reinhard Wirth zum 1.Vorsitzenden und Harald Eckardt zum 2. Vorsitzenden bei der Jahreshauptversammlung gewählt.

2003 erhielt dann auch der Rest der Wehr ihren neuen Schutzanzug. Diese Anschaffung konnte man durch Spendensammlungen verwirklichen. Des Weiteren wurden erstmals Feuerwehranwärterinnen vorgestellt.

Vom FC Wüstenselbitz erwarb man 2004 die alte Schanktheke mit Glasschrank und von Irmgard Fickenscher die alte Wirtshausbestuhlung. Wenig später erfolgte dann der Umzug in den 1. Stock des ehemaligen Schulhauses, da unser alter Unterrichtsraum im Erdgeschoss zu einem Turnraum für den Kindergarten umfunktioniert wurde.

Im Jahr 2006 machte man sich das erste Mal Gedanken über eine Ersatzbeschaffung für das in die Jahre gekommene Löschgruppenfahrzeug LF 8.

Die Raiffeisenbank Wüstenselbitz sponserte im Herbst 2008 eine Hochdruckkübelspritze, auch „Hipress“ genannt. Somit hielt auch wieder ein weiterer technischer Fortschritt in Wüstenselbitz einzug. Im gleichen Jahr wurde durch Jörg Köhler die Jugendgruppe wieder ins Leben berufen. Auch in unseren Unterrichtsraum hielt die Technik Einzug. So wurden ein Beamer und eine Leinwand für Unterrichte und dergleichen angeschafft.

2010 wurden Ersatzbeschaffungen für unsere Atemschutzgeräte durchgeführt. Im selben Jahr verstarb unser letzter Hornist Bernhard Schramm. Die Hornisten hatten vor der Einführung der Alarmierung durch die Sirene, die Aufgabe, neben dem Läuten der Kirchenglocken, mit dem Feuerwehrhorn, die Kameraden bei Brandeinsätzen zu alarmieren.

Nach zahlreichen Sitzungen und Planungen sollte das Jahr 2013 ein ganz besonderes Jahr für unsere Wehr werden. Am 23.Oktober  konnte man das neue Löschgruppenfahrzeug LF 20 KatS in Empfang nehmen. Hierzu machten sich einige Kameraden auf den Weg zur Firma Lentner nach Hohenlinden, um das neue Fahrzeug abzuholen. Beim Eintreffen in Wüstenselbitz bekam man dann schon eine „Gänsehaut“: Viele Wüstenselbitzer hatten sich eingefunden, um das neue Fahrzeug mit Sirenengeheul und Feuerwerk zu begrüßen. Die offizielle Fahrzeugübergabe fand dann im Mai 2014 statt. Mit diesem Fahrzeug wurde das Einsatzgebiet erweitert - dadurch können wir nun bei Großschadenslagen auch überörtlich eingesetzt werden.

Im selben Jahr gewann eine gemischte Jugendgruppe der Feuerwehren Lehsten und Wüstenselbitz den Jugendleistungsmarsch in Helmbrechts und qualifizierte sich für den Bezirksjugendleistungsmarsch in Neustadt bei Coburg.

2014 wurde durch Spenden von örtlichen Unternehmen eine Wärmebildkamera angeschafft. Somit können nun selbst kleinste Glutnester entdeckt und zielgerichtet bekämpft werden. Bei der Jahreshauptversammlung im März 2014 wurden die Vorstandschaft neu gewählt. Seitdem sind Willi Fuhrmann und Andreas Kehler die beiden neuen Vorstände.

Das Wochenende des 22. und 23. August 2015 sollte zu einem der heißesten Wochenenden der Feuerwehr Wüstenselbitz werden. Am Samstagmorgen wurden wir zu einem Großbrand der ehemaligen Brauerei in Helmbrechts gerufen. Am frühen Nachmittag des darauffolgenden Tages wurden wir zum Katastrophenfall in die Rauschenhammermühle alarmiert, bei diesem in Summe über mehrere Tage weit über 1.000 Einsatzkräfte eingesetzt waren.

Eine weitere technische Neuerung war 2016 die Einführung des Digitalfunks.

Seit Januar 2019 bildet die Feuerwehr Wüstenselbitz mit den Nachbarwehren aus Burkersreuth und Unterweißenbach bei Einsätzen die Wache „Helmbrechts Süd“.

Die gute Ausbildung der Aktiven, die durch regelmäßige Teilnahme an der Leistungsprüfung überprüft und durch Weiterbildung bei Lehrgängen gefestigt wird, sowie die vorhandene Ausrüstung bieten stets Gewähr dafür, dass sich die Bürgerinnen und Bürger stets auf ihre Wehr verlassen können.